Vieles spricht dafür, dass die Geschlechtszugehörigkeit und Geschlechtsstereotypen ein zentraler Aspekt bei der Personenbeurteilung - auch im Arbeitsbereich - sind. Warum?
Das Geschlecht ist ein unübersehbares Merkmal, das sofort wahrgenommen wird.
Die Geschlechtsrolle wird bereits früh in der Kindheit erlernt und behält einen starken Einfluss auf nahezu alle Lebensbereiche. Bereits direkt nach der Geburt wird der Prozess der Zuschreibung der Geschlechterrollen eingeleitet. Eltern beurteilen
- ihre Töchter als schwach, zart, feingliedrig, niedlich und hübsch
- ihre Söhne als stark, groß, munter
und zwar unabhängig von Größe, Gewicht und Reflexbereitschaft der männlichen und weiblichen Säuglinge.
In einem Experiment wurde Müttern immer dasselbe Schreien eines Babys von einem Tonband vorgespielt. Je nachdem, ob man den Müttern sagte, dass sie einen Jungen oder ein Mädchen hören, beurteilen sie das Weinen anders. Bei (vermuteten) Jungen werteten sie das Geschrei als Wut, bei Mädchen als Angst (vgl.: Wagner-Link, S. 28).
Für Frauen und Männer ist der Umgang miteinander einfacher, wenn beide die spezifischen Rollenerwartungen erfüllen. Deshalb wird auch bei beruflicher Kommunikation meistens auf die vertrauten Geschlechtsstereotypen zurückgegriffen, selbst wenn dies für die Betriebsabläufe nicht optimal ist.
"Im beruflichen Alltag überlagern sich daher unmerklich die Wahrnehmung der Arbeitsleistung und das Geschlecht der Person, die diese Leistung erbringt. Diese Überlagerung ist nicht zu vermeiden. Wir sind keine Neutren, wir sind Männer und Frauen. Im Bemühen um eine möglichst objektive und gerechte Beurteilung ist es unerlässlich, sich die eigene geschlechtsgeprägte Sicht bewusst zu machen. .... Männern zugerechnete Verhaltensweisen sind in fast allen gesellschaftlichen Bereichen höher bewertet als weibliche Verhaltensmuster." (aus: Gleichstellungsstelle München: Leitfaden, S. 3.)